* 29.9.1867 Berlin
† 24.6.1922 Berlin-Grunewald
Rathenaustraße (seit 1947) im Harthof
Walter Rathenau wurde als Sohn des jüdischen Industriellen Emil Rathenau, des späteren Gründers der AEG, geboren. Nach dem Abitur am Königlichen Wilhelms-Gymnasium studierte er in Straßburg und Berlin Physik, Philosophie sowie Chemie und nach der Promotion 1898 Maschinenbau an der TH München.
Entgegen seiner Neigungen musste Rathenau 1893 den Aufbau von Fabriken übernehmen und 1899 leitende Positionen für die AEG. Ab 1904 hatte er mehr als 80 Aufsichtsratsposten inne. Als Angehöriger der wirtschaftlichen Elite empfand aber er seine Diskriminierung als Jude demütigend.
Rathenau war ab 1914 in die Kriegsplanungen der Reichsregierung eingebunden. 1916 unterstützte er die Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland. Dies griff sein Freund Maximilian Harden scharf an. Als Schriftsteller wollte Rathenau Kapitalismus und Materialismus geistig durchdringen und verbessern. Er stand in Opposition zum Wilhelminismus. Sein Ziel war eine mitteleuropäische Zollunion und die Dominanz Deutschlands in Europa. 1918 kritisierte er den Waffenstillstand und plädierte für die Fortführung des Krieges.
Als Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) wurde er 1921 Wiederaufbauminister, trat zurück, war aber weiter für die Regierung tätig. Am 1.2.1922 wurde er Außenminister und war für Verhandlungen mit den Siegermächten des Versailler Vertrages zuständig. Am 24. Juni wurde er in seinem Dienstwagen von mehreren Attentätern erschossen. Personenschutz hatte er trotz einschlägiger Warnungen abgelehnt. Es kam im ganzen Reich zu Protestkundgebungen und Trauermärschen, denen sich Millionen anschlossen.
Als Schuldige wurden mehrere junge Männer, von denen zwei bei der Verhaftung starben, zu Zuchthausstrafen verurteilt. Sie wurden als isolierte, unreife Fanatiker dargestellt. Es waren Antisemiten, die einen Putsch auslösen und die Republik beseitigen wollten. Sie standen in Verbindung mit der rechtsextremen Organisation Consul (O. C.), die ihren Sitz in München hatte und davor u.a. schon Minister Matthias Erzberger ermorden ließ. Adolf Hitler arbeitete früh mit der O. C. zusammen und solidarisierte sich mit den Attentätern.
Schulen und Straßen tragen den Namen Rathenau.
Bezeichnend für die aggressive Stimmung ist das vor allem in den Freikorps seit 1920 verbreitete Hetzlied:
„Knallen die Gewehre – tak, tak, tak
Aufs schwarze und aufs rote Pack,
Auch Rathenau, der Walther,
Erreicht kein hohes Alter,
Knallt ab den Walther Rathenau,
Die gottverdammte Judensau!“
Foto: Walther Rathenau, von Bain News Service – Dieses Bild ist unter der digitalen ID ggbain.20796 in der Abteilung für Drucke und Fotografien der US-amerikanischen Library of Congress abrufbar.