Die Landeshauptstadt München wächst, täglich ziehen neue Bewohner in die Stadt, die Marke von 1,5 Millionen Einwohnern wurde am 8. Mai 2015 überschritten. Doch Wohnraum ist knapp und so wird jede noch verfügbare Fläche bebaut. So auch in der Fasanerie. Die Interessengemeinschaft Fasanerie aktiv e.V. sieht dies stets mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits freuen wir uns über jeden Mitbürger, die hier in der Fasanerie eine neue Heimat findet, andererseits sehen wir – ähnlich wie andere Gartenstädte Münchens – die teilweise extreme Nachverdichtung der Flächen mit Sorge. Doch solange sich solche Bauvorhaben in Grenzen halten und sich wenigstens die neuen Gebäude ins Viertel gut einfügen, steht solchen Vorhaben nichts entgegen.
Das war auch die erste Reaktion, als bekannt wurde, dass das Gebiet Am Schnepfenweg, westlich der Pappelallee bebaut werden soll. Wir berichteten sogar über den Start der Verkaufsaktivitäten im November 2013. Auch als die Stadt Anfang Juni 2014 die Anwohner über das bevorstehende Bauvorhaben informierte, machten sich die meisten noch keine allzu großen Gedanken. Erste Fragezeichen tauchten allerdings mit den dann aufgestellten Maschinen auf. Ein Glück, dass wir unter uns Fachleute zum Thema Bauen und Wasserhaltung in der Fasanerie haben. Nach einer Vorsprache beim Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) der Stadt München wurde das Ausmaß der geplanten Maßnahmen zur Wasserhaltung dann allerdings sehr schnell deutlich.
Nun musste es schnell gehen. Einige Anwohner schlossen sich innerhalb weniger Tage zusammen, die Interessengemeinschaft Fasanerie aktiv e.V. beteiligte sich an der Suche nach Betroffenen und weiterführenden Informationen. Uns allen sind die Probleme vor Augen, die viele Feldmochinger nach dem Bau des Sammelkanals bekamen. Reihenweise laufen nun bei starken Regenfällen die Keller der Betroffenen voll. Und die Grundwassersituation in der Fasanerie ist noch einmal deutlich verschärft gegenüber der in Feldmoching, der normale Pegelstand liegt höher.
Die HI Wohnbau GmbH plant, an der westlichen Seite des Baugrundstückes eine MIP-Wand (MIP=mixed in place, dabei werden Wasser und Zement in den Grund gespritzt, der sich mit dem vorhandenen Kies zu Beton verbindet und dauerhaft im Boden verbleiben soll) zu erstellen, sowie an den nördlichen, östlichen und südlichen Grenzen über die gesamte Länge 17 Meter lange Spundwände einzuziehen. Dies hat zur Folge, dass das Grundwasser massiv aufgestaut würde, auch nach Ziehen der Spundwände, da eine gewisse Verdichtung des Bodens bleiben würde, denn sowohl beim Eintreiben der Spundwände als auch bei deren Ziehen vermischen sich die Bodenschichten; sandige Schichten mischen sich in den Kies und dichten so den Boden für den Grundwasserstrom ab. Dabei reden wir nicht von einem Aufstau von wenigen Millimetern oder Zentimetern, sondern von zig Zentimetern, selbst eine Überflutug der Straße Am Blütenanger ist nicht auszuschließen. In Feldmoching führte der Bau des Sammelkanals zu einem Grundwasseranstieg von bis zu einem Meter. Durch das Einrammen der Spundwände sind Erschütterungen zu erwarten, die zu Schäden bei den umstehenden Häusern führen können. Da am westlichen Ende diese Gefahr der Beschädigungen der angrenzenden Gebäude offensichtlich zu groß erschien, entschloss man sich hier vermutlich zur oben angeführten MIP-Wand. Trotzdem liegt die Nachweispflicht im Schadensfall bei den Geschädigten, die dann nachweisen müssen, dass die Schäden vor den Bauarbeiten nicht vorhanden waren und durch diese entstanden. Wer hie rnicht schon im Vorfeld Beweise gesichert hat, hat später keine guten Aussichten auf eine erfolgreiche Klage.
Ein weiteres Problem stellt die geplante Geländeauffüllung des Areals um ca. 60cm (im Durchschnitt) dar. Dies führt einerseits dazu, dass bereits bei normalen Witterungsverhältnissen Nachbargrundstücke überflutet werden können. Dazu kommt, dass bei Regenfällen das Wasser aufgrund des Gefälles gegenüber den umliegenden Grundstücken dorthin abfließen wird, sodass diese dann nicht nur von oben, sondern auch seitlich mit Wasser „bedient“ werden.
Welche Alternative gibt es? Bei anderen Bauvorhaben in der Fasanerie werden in der Regel die Baugruben für einzelne Häuser ausgehoben, das nachfließende Grundwasser abgepumpt und in Schluckbrunnen abgeleitet, dann die Keller gebaut. Anschließend wird das Grundwasser wieder seinem Lauf überlassen. Bei einem Bauvorhaben dieser Größenordnung hieße das allerdings, dass immer nur bestimmte Teilbereiche ausgehoben und bebaut werden könnten, nicht, wie derzeit von der HI Wohnbau geplant, das gesamte Areal am Stück. Der Bau würde sich dadurch also verzögern. Die Kosten dieses Vorgehens lägen wahrscheinlich sogar unter denen des geplanten Vorgehens, die zusätzliche Zeit ist hierbei nicht berücksichtigt.
Am 24. Juni 2014 reichten Anwohner beim Verwaltungsgericht München Klage gegen die Stadt München ein, um eine wasserrechtliche Genehmigung in der oben beschriebenen Art zu verhindern. Zahlreiche weitere Betroffene unterstützen die Klage finanziell. Die Interessengemeinschaft Fasanerie aktiv e.V. hilft bei der Koordination, aber auch bei der Kommunikation gegenüber der Stadt und der HI Wohnbau GmbH. Es sei an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es keinem der Beteiligten um die Verhinderungen des Baus der Häuser geht, sondern um die Abwendung der Gefahr, die aus der geplanten Baugrubenumschließung und Geländeauffüllung entsteht. Es ist uns im Gegenteil daran gelegen, möglichst schnell eine einvernehmliche Lösung für alle Beteiligten zu erzielen, auch um unseren zukünftigen Mitbürgern in der Fasanerie den vorgesehen Einzugstermin zu ermöglichen. Denn eine Verzögerung hätte eventuell organisatorische und finanzielle Folgen für diese Menschen.
Es werden weiterhin Betroffene gesucht, die sich finanziell, aber auch durch ihr Engagement einbringen wollen. Am 14. Juli 2014 beschloss der Vorstand einstimmig, die Kontoführung für die finanzielle Beteiligung zu übernehmen.
Ebenfalls mit Sorge erfüllt uns, dass die Stadt München bisher wenig auf den deutlichen Zuzug von Menschen in die Fasanerie in den letzten Jahren reagiert hat. So wurde weder die Verkehrsplanung angepasst, noch zusätzliche Kapazitäten an den Schulen eingerichtet, dabei ist eine Überlastung schon heute absehbar und eine Behebung der Probleme nur über einen langen Zeitraum hinweg möglich. Die zusätzliche Verkehrsbelastung in der Fasanerie wird zwar mit „nur“ 350 Fahrzeugbewegungen pro Tag angegeben, dabei wird aber übersehen, dass sich diese Fahrzeugbewegungen nicht über 24 Stunden verteilen, sondern in erster Linie zwischen 7:00 und 9:00 Uhr und 17:00 und 19:00 Uhr stattfinden werden, wenn die Verkehrswege, insbesondere der Bahnübergang in der Feldmochinger Straße, eh im Verkehr zu ersticken drohen. Die Grundschule in der Feldmochinger Straße wurde gerade an die in der Vergangenheit gestiegene Nachfrage nach Grundschulplätzen angepasst, da droht sie durch den Zuzug weiterer Familien, davon vermutlich vielen mit Kindern im schulpflichtigen Alter, wieder aus allen Nähten zu platzen, von weiteren Betreuungsangeboten ganz zu schweigen. Auch scheint bis dato keine richtige Einigkeit darüber zu bestehen, welchen Schulweg die Kinder, die morgens aus dem Bereich westlich des Baugebietes zur Grundschule Feldmochinger Straße gehen, nehmen sollen, die bisher über die Straße Am Schnepfenweg gingen, welcher aber im Rahmen der Baumaßnahmen gesperrt werden wird. Die vielbefahrene Straße Am Blütenanger mit relativ schmalen Gehsteigen, scheint keine geeignete Lösung dazustellen.
Am 16. Juli 2014 trafen sich ca. 40 Betroffene, um ihr Wissen, ihre Erfahrungen und Informationen über die bisherigen Schritte auszutauschen. Dabei waren auch einige Mitbürger von der Partie, die das mögliche Ausmaß der geplanten Baugrubenumschließung noch nicht kannten. Einigkeit herrschte darüber, dass nichts gegen den Bau neuer Häuser an sich einzuwenden ist, auch wenn oben aufgeführte Probleme ungelöst sind. Es wurde vorgeschlagen, alle betroffenen Anwohner „flächendeckend“ zu informieren. Dazu meldeten sich mehrere Freiwillige, die diese Arbeit übernehmen wollen.
Mit Freude wurde die Ankündigung des Bezirksausschusses aufgenommen, am darauffolgenden Freitag, 18. Juli 2014 eine Informationsveranstaltung abzuhalten, zu der das RGU, das Wasserwirtschaftsamt und die HI Wohnbau GmbH eingeladen wurden. Auch wenn der Termin wegen des parallel stattfindenden Flohmarkts der Interessengemeinschaft schlechter kaum hätte gewählt werden können, kündigten doch viele bereits an, an dieser Veranstaltung teilzunehmen.
Update 18. Juli 2014
Beim Informationsabend des BA am 18. Juli 2014 stellten das RGU und das Wasserwirtschaftsamt ihre Sicht der Dinge dar. Dabei wurde klar, dass eine wasserrechtliche Genehmigung wohl nur unter Auflagen erteilt würde. Allerdings wurde auch klar, dass das Gutachten des Bauträgers für die – inzwischen geänderte Baugrubenumschließung – von völlig anderen Werten ausgeht, als das Gutachten der Anwohner. Die HI Wohnbau GmbH plant nunmehr auch auf der östlichen Seite eine MIP-Wand einzusetzen, was zu einer zusätzlichen Verschärfung der Lage führen würde. Für die Fragen und fachlich fundierten Einwände der Anwohner hatten die anwesenden Behörden allerdings ein offenes Ohr und regten diese offensichtlich zum weiteren Nachdenken an. Leider war die HI Wohnbau GmbH nicht erschienen. Man wolle einen eigenen Informationsabend veranstalten, sobald der Bau begonnen habe. Wir wünschen uns weiterhin, diesen Dialog vorher zu führen, aber leider haben wir bis heute keine Antwort der HI Wohnbau GmbH auf unsere Kontaktaufnahme und Vorschläge.
Nach der Veranstaltung meldeten sich weitere alarmierte Bürger bei der Interessengemeinschaft Fasanerie aktiv e.V. und beteiligten sich auch an der Finanzierung der rechtlichen Schritte. Die extra gedruckten Flyer mit einer Zusammmenfassung dieser Seite waren an diesem Abend und auf dem Straßenfest am darauffolgenden Tag sehr gefragt, bei den Bürgern, aber auch bei der Stadt München. Und auch an besagtem Straßenfest war das Projekt trotz bester Stimmung ein dominierendes Thema.
Update vom 14. Mai 2016
Die wasserrechtliche Genehmigung wurde erteilt und mit dem Bau wie geplant begonnen. Am 24. März 2015 und nachdem die Spundwände vollständig im Boden versenkt waren, entschieden beide Parteien – die Kläger und die Stadt München – das Verfahren ruhen zu lassen, bis die Spundwände gezogen sind, um dann die tatsächlichen Folgen der Spundung zu analysieren. Die Klage gegen die Baugenehmigung wurde hingegen im Juni 2015 zurückgezogen, nachdem keine Aussicht auf Erfolg abzusehen war.
Das Bauvorhaben ist zwischenzeitlich fertiggestellt und unsere neuen Nachbarn sind eingezogen. Der Großteil der Spundwände wurde gezogen, ein Teil konnte jedoch nicht mehr entfernt werden und wird weiter in der Erde bleiben. Derweil haben sich die Kläger und die Stadt München darauf verständigt, die Grundwasserbewegungen weiterhin und über einen längeren Zeitraum zu beobachten. Trotz des recht trockenen Sommers 2015 ist der Grundwasserspiegel deutlich angestiegen.
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Die neuen Bewohner haben sich inzwischen schon recht gut in der Fasanerie eingelebt, viele davon sind der Interessengemeinschaft Fasanerie aktiv e.V. beigetreten. Es ist erfreulich zu sehen, dass wir nicht die Schuld für entstandene Verzögerungen bekommen. Auch der zwischenzeitlich vereinzelt entstandene Eindruck, die Interessengemeinschaft hätte versucht den Bau der Häuser zu verhindern, ist aus dem Weg geräumt. Immer wieder hören wir Klagen von den neuen Nachbarn, dass auch sie nicht gerade ein einfaches Leben mit der HI Wohnbau GmbH hatten. Teilweise wurden Änderungswünsche ignoriert, Zusagen nicht eingehalten, Termine verschoben. Auch unter den beauftragten Handwerkern und Subunternehmern waren nicht alle glücklich im Umgang mit der Wohnungsbaugesellschaft.
Mit den Problemen, die durch den Bevölkerungszuwachs entstanden sind, werden wir wohl noch einige Jahre beschäftigt sein…