* 6.4.1878 Berlin
† 10.7.1934 KZ Oranienburg
Erich-Mühsam-Platz (seit 1989) in Schwabing
Erich Kurt Mühsam wurde als Sohn eines jüdischen Apothekers und langjährigem Abgeordneten der Bürgerschaft geboren und wuchs in Lübeck auf. Im humanistischen Gymnasium Katharineum lernte er den späteren Reichs justizminister Gustav Radbruch sowie Thomas Mann kennen. Franziska zu Rerventlow, die er auch später in München wieder traf, war Nachbarin. Hier begann er bereits zu schreiben. 1896 wurde er, weil er Schulinterna veröffentlicht hatte, wegen „sozialdemokratischer Umtriebe“ der Schule verwiesen und machte eine Apothekerlehre. 1901 ging er nach Berlin, wo er Freundschaft mit Literaten schloss und anarchistische Zeitschriften herausgab. 1904 bis 1908 zog er durch Europa (Zürich, Ascona, München, Wien, Paris). In der Künstlerkolonie Monte Verità befreundete er sich mit dem Naturmenschen Karl Gräser (1875−1915).
Von 1909 bis 1919 wirkte Mühsam in Schwabing als eine Zentralfigur der Bohème und gründete anarchistische Gruppen. Er war Mitarbeiter von Kabaretts und Zeitschriften (Simplicissimus, Jugend, Kain). 1915 heiratete er Kreszentia Elfinger (Zenzl). 1918 wurde er wegen Verstoßes gegen das politische Betätigungsverbot verhaftet und zu sechs Monaten verurteilt. Dann wurde er bei der Revolution Mitglied des Revolutionären Arbeiterrats. Nach der Ermordung von Ministerpräsident Kurt Eisner war er mit Ernst Toller und Gustav Landauer Initiator der ersten Räterepublik. Am 13. 4. 1919 wurde er wieder verhaftet und als „treibendes Element“ der Revolution zu 15 Jahren Festungshaft verurteilt, aber 1924 amnestiert.
Nach seiner Entlassung zog er nach Berlin, gab u.a. die Zeitschrift Fanal heraus und kämpfte (u.a. an der Seite von Herbert Wehner) gegen die Nazis und die drohende Kriegsgefahr. 1933 wurde er von der SA verhaftet und im KZ nach 15 Monaten „Schutzhaft“ von der SS brutal ermordet, als Selbstmord getarnt. Mühsam schrieb zahlreiche Gedichte, Dramen, Sachbücher und politische Aufsätze, besonders aber Satiren. Lesenswert sind auch seine teilweise erst jetzt zugänglichen Briefe und Tagebücher.
Mühsams bekanntestes Gedicht ist unpolitisch:
Es stand ein Mann am Siegestor,
der an ein Weib sein Herz verlor.
Schaut sich nach ihr die Augen aus,
in Händen einen Blumenstrauß.
Zwar ist dies nichts Besunderes.
Ich aber – ich bewunder es.
Seine Witwe Zenzl Mühsam (1884−1962) gab 1934 seinen Nachlass in Moskau, wohin sie geflohen war, dem Gorki-Archiv. Sie kam in Gulags und wurde erst 1954 in die DDR entlassen, wo sie 1962 verstarb. Beide liegen vereint in einem Ehrengrab der Stadt Berlin.
Foto: Erich Kurt Mühsam,