Folgenden Bericht des „Lokal-Anzeiger“ für den 24. Stadtbezirks auf der Titelseite der Ausgabe vom 17.Juni 2011 zum Thema „Runder Tisch BÜ Fasanerie“ möchten wir Ihnen nicht vorenthalten.
„Runder Tisch“ Bahnübergang Fasanerie: Trog oder nichts
Am Samstag vor Pfingsten, als sich, den Verkehrsmeldungen nach zu schließen, halb Bayern auf dem Weg Richtung Süden befand, trafen sich an die 60 engagierte Bürger der Fasanerie mit Mitgliedern des Bezirksausschusses und Behördenvertretern zum „Runden Tisch“ in Sachen Bahnübergang Fasanerie. Und um drei Uhr stand fest: Die Anwohner wollen mehrheitlich einen „Trog“ oder aber es soll alles so bleiben, wie es ist. Die städtische „Vorzugslösung“ landete nur auf Platz drei.
Zu Beginn präsentierte Roland Zeller, Abteilungsleiter im Baureferat, die beiden bekannten Vorschläge: zum einen die „Vorzugslösung“ seines Referats, sprich einen Tunnel unter der DB-Strecke München-Landshut für die Autofahrer etwa auf Höhe Trollblumenstraße, samt separaten Radler/Fußgänger-Tunnel bei der heutigen Feldmochinger Straße. Zum anderen die Troglösung, bei der die Bahn 7 bis 8 m unter die Erde verlegt wird. Sie kostet laut Zeller 109 Mio. Euro. Würde man aus Kostengründen den 1 km langen und 19 bis 20 m breiten Trog etwas verkürzen, so erfordert dies laut Zeller zusätzliche Maßnahmen, die die Ersparnis wieder zunichte machten. Überhaupt sei eh nur eine Verkürzung um 95m möglich. Was die Troglösung so teuer macht, ist die Tatsache, dass man während der Bauzeit zwei zusätzliche Gleise für die Aufrechterhaltung des Bahnbetriebs benötigt.
Die „Vorzugslösung“ soll dagegen 21 Mio. Euro kosten. Und der Unterschied wird, zumindest für München, noch größer, wenn man das Eisenbahnkreuzungsgesetz ins Spiel bringt. Nach diesem rund 50 Jahre alten Gesetz teilen sich bei der Beseitigung eines Bahnübergangs die jeweilige Kommune, Bund und DB die Kosten. Dies gilt allerdings nur für die billigste Lösung. Wenn jemand auf eine teurere Lösung besteht, und mag sie auch die bessere sein, bleibt er auf den Mehrkosten sitzen. Bei der Troglösung kämen so auf die Stadt 95 Mio. Euro zu, bei der Vorzugslösung dagegen nur 8 Mio. Und ob auch die Troglösung zuschussfähig ist wie die städtische „Vorzugslösung“, darüber kann das Baureferat seriös keine Aussagen machen.
In ihren Beiträgen sprachen sich deshalb einige Fasanerier – nicht zuletzt Anwohner der Himmelschlüsselstraße wie Klaus Schreibauer – für die Vorzugslösung aus, nach dem Motto, lieber eine kleine Lösung als gar keine, lieber eine realistische, weil kostengünstige und damit finanzierbare Vorzugslösung. Schließlich gebe es in München noch 23 weitere beschrankte Bahnübergänge und man sei nicht einmalig.
Der Trog: Weiter die favorisierte Lösung der Anwohner
Anwohner der Borsigstraße dagegen, die für die neue Führung der Feldmochinger Straße nicht nur Grund abtreten und den vielen Verkehr vor ihrer Haustüre ertragen müssten, sondern dafür womöglich auch noch Erschließungsbeiträge zahlen dürften, konnten der „Vorzugslösung“ nichts abgewinnen und drohten bereits, sich gerichtlich zu wehren. Da der Verkehr auf der viel befahrenen Bahnstrecke nicht nur in Sachen S‑Bahn zunehmen wird – die S1 ist die meistausgelastete S‑Bahn und sollte deshalb in kürzeren Abständen fahren, so war zu hören -, sondern auch bei den Güterzügen, plädierte Hans Lacker, Vorsitzender des Aktionskreises Lärmschutz Bahn/S1 und Anwohner der Borsigstraße, für die Troglösung. Und auch für Georg Aschauer von der „Interessengemeinschaft Fasanerie aktiv“ ist die Vorzugs- eine Murkslösung, weil sie die Trennung des Viertels auf ewig zementiere. Zwar berücksichtige sie den Naturschutz und den Verkehr, städtebauliche Belange jedoch kämen zu kurz. Und auch den Menschen müsse man einen Stellenwert geben, so sein Plädoyer.
Die Bedenken des ein oder anderen, dass ein so großes Bauwerk wie der Trog Probleme mit dem Grundwasser nach sich ziehe oder dass Güterzüge und Regionalbahnen, die ja gleichfalls abgesenkt fahren würden, eine ungeheure Lärm- und Sogwirkung ausübten, auf dass der Trog zur „Folterkammer“ für wartende S‑Bahnfahrer werde, ließen die Fasanerier nicht gelten: Die Troglösung bekam mit Abstand die meisten Stimmen.
Ist Nichtstun womöglich die bessere Alternative?
Obwohl das Verkehrskonzept für den Münchner Norden einer gesonderten Einwohnerversammlung vorbehalten ist, spielte der Verkehr bei allen Überlegungen eine große Rolle. Daher wurde auch den Zahlen, die Georg Dunkel vortrug, aufmerksam gelauscht. Laut dem Ingenieur, der im Referat für Stadtplanung und Bauordnung für die Verkehrsplanung im Norden und Westen Münchens zuständig ist, wird der Verkehr, auch wenn man am Bahnübergang nichts ändert, auf der Feldmochinger Straße im Bereich Fasanerie bis 2025 von derzeit rund 10.000 Autos pro Tag auf 12.000 steigen. Würde man lediglich den Bahnübergang Fasanerie beseitigen, rechnet er mit einem Anschwellen auf 15.000 Autos. Und würde man die beschrankten Bahnübergänge Lerchenstraße und Lerchenauer Straße ebenfalls beseitigen, ginge der Verkehr laut Hochrechnung wieder auf 14.000 Autos zurück. Diese begrenzte Verkehrszunahme könne die Feldmochinger Straße locker verkraften, so Dunkels Einschätzung. Die Straße schon, aber auch die Menschen?, fragten da manche. Und werden nicht noch mehr Pendler, wenn die Max-Born-Straße dicht ist, den Ausweg über den Blütenanger oder die Schneeglöckchenstraße suchen, wenn sie keine Warterei vor der Bahnschranke befürchten müssen? Diese Besorgnis dürfte der Grund sein, warum die Option „keine Änderung“ die zweitmeisten Stimmen erhielt.
P. S.: Eine dritte Variante, die jüngst Mechthilde Wittmann im Stadtrat vorschlug (Lokal-Anzeiger 5/2011) und die das ehemalige BA-Mitglied Lothar Müller in die samstägliche Diskussion einbrachte – sie sieht eine Überquerung der Bahnlinie deutlich weiter im Süden vor -, landete weit abgeschlagen auf dem letzten Platz. rer
„Lokal-Anzeiger“ für den 24. Stadtbezirks auf der Titelseite der Ausgabe vom 17.Juni 2011